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thumb_Grothaus_HammSowohl strategisch als auch sportlich stehen wichtige Tage  an für den TuS 97. Am Freitag auf der jahreshauptversammlung ist u.a. die Nachfolge von Dr. Ulf-Peter Schroeder zu regeln. Am Samstag bietet das ewig junge (Pokal-)Derby gegen die TSG Altenhagen-Heepen eine spannende Abwechslung zum Liga-Abstiegskampf.

Schattenspiele in Jöllenbeck

TuS 97 muss seine Abteilung neu ordnen – für die größte Abteilung der Stadt ist das eine Sisyphus-Arbeit

Grgor Winkler

Bielefeld. Große Ereignisse werfen ihre Schatten in Jöllenbeck voraus. Am kommenden Samstag findet das WHV-Pokalspiel des TuS 97 Bielefeld-Jöllenbeck gegen die TSG Altenhagen-Heepen statt (siehe Text unten). Rund 24 Stunden zuvor tagt der Klub bei seiner Jahreshauptversammlung, in der auch der Vorstand neu gewählt werden muss. Wenn alles glatt läuft, wird der Pokalhit also vom neuen starken Mann des TuS 97 verfolgt. Doch wird es überhaupt nur einen geben?

Ulf-Peter Schroeder steht nicht mehr zur Wahl. Der Vorsitzende zieht sich aus der Vereinsarbeit zurück. Er habe sein Ziel, den Klub schuldenfrei zu machen, erreicht. Sieben Jahre lang bestimmte der Doktor der Naturwissenschaften die Geschicke der Jürmker. Doch mächtige Gestalten nehmen auch Licht. Aktuell kommt die Frage auf, wer in Schroeders Schatten herangewachsen ist, um nun an seine Stelle zu treten. Eine Antwort war nicht einfach zu finden. Die bekannten Verdächtigen äußern sich zögerlich. „Wir haben noch nicht die Resonanz zurückbekommen, die wir erwarten“, meinte der zweite Vorsitzende, Matthias Wehmeyer, noch am vergangenen Wochenende. Kandidaten wie Heiko Nossek oder Frank Brennecke sind beruflich sehr stark eingebunden. „Ich werde eher weniger machen“, sagt Brennecke.

Der Bedarf in Bielefelds größtem Handballverein indes ist hoch: 20 Jugend- und acht Seniorenteams müssen mit Trainern, Betreuern und Spielern versorgt werden. Sponsoren wollen gepflegt und rund 35 Schiedsrichter rekrutiert werden. „Grundsätzliches Mitarbeiten signalisieren viele, aber sich in ein Amt wählen lassen, will kaum einer“, klagt Wehmeyer. Brennecke ergänzt: „Wir sind ein riesen Apparat geworden.“ Das ironische Wort vom Riesen, der an seiner Größe krankt, trifft die Situation der Jöllenbecker ziemlich gut.

Gespräche wurden und werden offenbar bis zur letzten Minute geführt. Nach einer Vorstandssitzung am Montag kam ein erstes positives Signal. Das neue Konzept sieht drei Säulen vor. Der Männer-, Frauen- und Jugendbereich sollen sich mit jeweils einem Verantwortlichen sowie einem Gremium im Hintergrund verwalten. Ausgeklammert wird möglicherweise noch die erste Herrenmannschaft. Wehmeyer vermeldet: „Für den Frauenbereich sind wir jetzt gut aufgestellt. Auch für die Männer hat sich ein Verantwortlicher gefunden. Für den Jugendbereich führen wir noch Gespräche.“ Konkret wird Torsten Winter die Geschicke für die Männerteams lenken. Ihm bleibt Frank Brennecke zur Seite. Die jetzige Trainerin der ersten Damenmannschaft, Tanja Höner, wechselt in die Führungsetage und wird zusammen mit der künftigen Frauenwartin Inga Wirth den Bereich leiten. Erste Aufgabe wird es sein, einen neuen Coach für die dann hoffentlich in die Verbandsliga aufgestiegenen Frauen zu finden. Hier laufen erste Gespräche.

Der gesamte Verein soll von einem Vorstandssprecher vertreten werden. Dafür hat sich Gerd Ennenbach zur Verfügung gestellt. Matthias Wehmeyer bleibt „Vize“. Weitere Positionen werden wohl unverändert bleiben. Heiko Nossek wird die Pressearbeit gewohnt zuverlässig machen. Volker Husemann, ursprünglich auch ein Kandidat für den Vorsitz, bleibt Männerspielwart. Im Bereich Marketing engagiert sich Wilhelm Boeckstiegel, Uwe Pielsticker kümmert sich um das Schiedsrichterwesen.

Ausgerechnet in der Sportlichen Krise (erste und dritte Mannschaft spielen gegen den Abstieg) werden auch Lücken ins Fundament gerissen: Ulli Wassmann und Mirko Lenz, beides langjährige Jugendtrainer, denken über einen Rückzug nach. Wehmeyer erklärt: „Es wird Aufgabe des neuen Vorstandes sein, in die Basis zu investieren. Vor allem bei der Trainerausbildung müssen wir ansetzen. Viele haben bei uns als Jugendliche angefangen, Mannschaften zu coachen und sind mitgewachsen. Denen müssen wir jetzt auch eine Ausbildung ermöglichen.“

 

Sorgenkinder empfangen Sonnenkinder

Selten waren die Unterschiede zwischen TuS 97 und TSG vor einem Derby größer – genau deshalb verspricht das Pokalspiel viel Spannung

Matthias Foede

Bielefeld (Maat). Manfred Quermann sprach während der Pressekonferenz zum WHV-Pokalspiel zwischen dem TuS 97 Bielefeld-Jöllenbeck und der TSG Altenhagen-Heepen (Sa. 17.45, Jöllenbeck) große Worte gelassen aus. „Bis vor eineinhalb Jahren waren wir ernsthafte Konkurrenten, heute ist die Differenz zwischen uns sehr groß geworden. Wir sind ein Spitzenteam in der Regionalliga und die Jöllenbecker kämpfen um den Klassenerhalt in der Oberliga“, sagte der Geschäftsführer der TSG mit Vereinsvergangenheit und Wohnsitz in Jöllenbeck.

Früher, vor eineinhalb Jahren, hätten die TuS-Verantwortlichen Quermann nach solchen Sätzen – zumal er sie auf ihrem Hoheitsgebiet im TimeOut tätigte – geteert und gefedert über die Dorfstraße getrieben. Doch am Dienstagabend blieb der Satz, der nicht gehässig gemeint war, unwidersprochen. Er löste betretenes Schweigen und Kopfnicken aus. Norman Kern, Jöllenbecks Keeper, der mit der Vergangenheit und der Bielefelder Rivalität nichts anfangen kann, weil er erst im Sommer in die Stadt wechselte, stellt klar: „Irgendwann muss jetzt mal ein Erfolgserlebnis her.“ Allerdings meint er damit das „erste Abstiegsendspiel“ am 12. Februar in Brockhagen. Die Pokalpartie bezeichnet er als „Super-Trainingseinheit, bei der sich der Blick auf die Anzeigentafel verbietet“. Ähnlich sieht es sein Trainer Walter Schubert (ebenfalls ohne Bielefelder Vergangenheit und im Herbst zum TuS gekommen): „Das Pokalspiel ist für uns eine positive Abwechslung, aber das Brockhagen-Spiel ist viel wichtiger.“

Die Jöllenbecker Sorgenkinder werden das Stadtderby dazu nutzen, dass „unsere Rekonvaleszenten besser in die Abläufe finden“ (Schubert). Dabei denkt der Coach besonders an Jasmin Gojacic, der im Angriff Tim Grothaus entlasten soll, sowie an Ralf Bruelheide, der nach seiner alten Effektivität sucht. Schließlich will der TuS (aktuell Platz 10 in der Oberliga) unbedingt einen einstelligen Tabellenplatz erreichen, weil „bei der anstehenden Liga-Reform sowie den gefährdeten Regionalligisten HB Lemgo II und GWD Minden II nicht klar ist, wie viel Teams bei uns tatsächlich absteigen“ (Schubert). Genau gegenteilig stellt sich die Situation beim Konkurrenten aus dem Bielefelder Osten dar. Die TSG hat mit zuletzt drei Siegen in Folge in der Meisterschaft die Kurve gekriegt und ist mit Platz drei fast soweit von der Abstiegszone entfernt wie die Jöllenbecker von dem erträumten Aufstiegsplatz. Deshalb geht der Favorit locker in die Partie. „Das wird ein schönes Spiel, obwohl es nicht dankbar ist“, sagt TSG-Kapitän Johann-David Starck. Schließlich sei ein angeschossener Jöllenbecker nichts Feines. Manfred Quermann bezeichnet das Stadtderby schon aus finanziellen Gesichtspunkten als „echten Hit“ – die Einnahmen teilen sich die Kontrahenten.

Die Sonnenkinder aus der Regionalliga hätten laut Moritz Schneider nur das Problem: „Wir wissen noch nicht, wie „wir Helmut sagen, dass er nicht mehr unser Trainer ist.“ Diese Befürchtung äußerte Trainer Helmut Bußmeyer bereits vor dem Antritt seiner Klassenfahrt: „Wenn die Mannschaft ohne mich in Soest gewinnt, werde ich eh abgesägt.“ Doch Spaß beiseite. Bußmeyer ist am Samstag zurück und wird selbstverständlich seine Eleven betreuen.

Der Sieger der Begegnung empfängt in der dritten WHV-Pokalrunde (6./7. März) den Sieger aus: Senden II (Bezirksliga-Spitzenreiter) – Remscheid (Oberliga-Spitzenreiter). Übersteht der Bielefelder Vertreter auch diese Partie, dann darf er in der ersten DHB-Pokalrunde auf attraktive Kontrahenten hoffen.

 

Eine super Trainingseinheit

Bielefeld (WB). Vor eineinhalb Jahren haben sie sich noch in der Handball-Oberliga beharkt wie ein altes Ehepaar. Inzwischen klafft die Leistungsschere weit auseinander. Die aktuellen Tabellenstände in Ober- und Regionalliga machen den TuS 97 Bielefeld-Jöllenbeck am Samstag (17.45 Uhr, Realschulhalle Jöllenbeck) im Zweitrundenspiel des WHV-Pokals gegen die TSG Altenhagen-Heepen zum krassen Außenseiter.

Jörg Manthey

TSG-Kapitän Johann-David Starck stellt sich und seine Mannen auf »keine dankbare Aufgabe« ein. »Ein angeschlagener Jürmker ist nichts Feines. Jeder erwartet, dass wir souverän gewinnen«. Kollege Moritz Schneider scheint gar ein wenig mit dem Gegner mitzuleiden. »Das ist schon erschreckend. Wir wünschen dem TuS 97 auf jeden Fall den Klassenverbleib und dass er es schafft, in absehbarer Zeit nochmal anzugreifen. Damit es bald wieder Ligavergleiche zwischen uns gibt«.

Derlei fromme Wünsche regis-triert TuS 97-Trainer Walter Schubert mit einem gequälten Lächeln, weiß er doch um »fehlende Durchschlagskraft im Angriff«. Es werde noch eine geraume Weile dauern, ehe die Abstimmung mit Jasmin Gojacic nach überstandenen Knieproblemen so weit hergestellt ist, dass der ein Spiel sicher leiten könne. Und Ralf Bruelheide habe nach langem Trainingsrückstand »nicht mehr die Effektivität wie noch 2009. Die Abwehr ist zurzeit der bessere Mannschaftsteil«.

Schubert bezeichnet die Pokalaufgabe als »positive Abwechslung. Über so ein Spiel können wir unsere Verletzten integrieren. Die nächsten Punktspiele sind deutlich wichtiger. Wir brauchen noch ein paar Punkte, für einen einstelligen Platz. Denn der bedeutet den sicheren Nichtabstieg«.

Die Krise der 97-er ist nicht wegzureden. Der Oberliga-Abstiegskampf hat eine Eigendynamik genommen, die Torwart-Routinier Norman Kern so noch nicht erlebt hat. Er war vor der Saison vom TV Verl gekommen, um mit dem TuS 97 aufzusteigen. »In unserer ersten Sieben haben wir nicht viele erfahrene Spieler«, gibt Kern zu bedenken. »Wir Torhüter können wohl hinten mit der Abwehr reden, aber im Angriff sind uns die Hände gebunden«. Ein Erfolgserlebnis sei dringend vonnöten. »Unsere erfahren Leute müssen ihre Leistung bringen, die jungen sich daran aufrichten«, so Kern, der kritisch anmerkt: »In wichtigen Situationen treffen wir falsche Entscheidungen. Wir sind nicht in allen Mannschaftsteilen eine Einheit«. Gleichwohl verspricht er einen hohen Einsatz der Hausherren gegen die TSG. »Wir freuen uns aufs Spiel. Das wird eine Super-Trainingseinheit, nichts anderes. Die Anzeigetafel hat uns nicht zu interessieren«.

Christian »Michel« Niehaus räumt ein, mit der aktuellen Situation etwas überfordert zu sein. »Es ist bei uns jahrelang nur bergauf gegangen. Diese Situation ist neu. Wir müssen als Mannschaft und Verein geschlossen zusammenstehen und sehen, dass wir uns aus dem Loch rausholen«.

Ein Überraschungserfolg gegen den klassenhöheren Dauerrivalen wäre da wohl eine gute Medizin mit Langzeitwirkung. »Auch wenn es auf dem Feld nicht so zusammenpasst und wir eine unendliche Zahl an technischen Fehlern machen; außen rum ist die Mannschaft weiter intakt«, sagt Walter Schubert. TuS 97-Pressesprecher Volker Husemann rechnet mit 700 Zuschauern. TSG-Geschäftsführer Manfred Quermann glaubt an eine prall gefüllte Halle. »Das Interesse in Altenhagen und Heepen ist groß«. TuS 97-Marketingmann Wilhelm Boekstiegel findet: »Wieviel Leute kommen, ist eine unserer kleinsten Sorgen«.

So oder so partizipieren beide Seiten von der glücklichen Auslosung. Nach Abzug der Unkosten werden die Einnahmen brüderlich geteilt. Bei einem Sieg winkt der TSG in der dritten Runde ein Heimspiel gegen den Sieger der Partie ASV Senden II - HG LTG/HTV Remscheid.

»Wir werden uns ganz intensiv auf das Spiel vorbereiten, es nicht auf die leichte Schulter nehmen«, verspricht Manfred Quermann eine hochmotivierte TSG. Die Crew des dann von seiner Klassenfahrt zurückgekehrten Trainers Helmut Bußmeyer hat nicht vor, sich den Appetit verderben zu lassen. Hinterher bleiben die TSG-er nämlich in unmittelbarer Nähe der Halle. Im Hause Quermann gibt's Grünkohl mit allem Pi-Pa-Po.